Nach dem Rückzug der Deutschen Bahn aus dem Nachtzuggeschäft haben die Österreichischen Bundesbahnen eine neue Verbindung zwischen Innsbruck und Düsseldorf / Hamburg eingerichtet. Dort verkehrt seit Dezember 2016 der „Nightjet“. Der Laufweg führt über Nürnberg, wo Wagengruppen mit den Zügen aus bzw. nach Wien ausgetauscht werden. Allerdings ist dort kein Zustieg in die Schlaf- und Liegewagen mehr zugelassen, um die Nachtruhe nicht zu stören.
Unsere Tour startet daher um 23:30h in Augsburg, um wenig später wieder im heimischen Nürnberg am Gleis zu stehen. Zum Glück kennen wir in Augsburg Freunde und einen bahnhofsnahen Biergarten, für eine Urlaubsreise gar kein schlechter Auftakt. Trotzdem ist diese „verlorene“ Vorlaufstrecke natürlich weder zeitlich noch preislich ideal und man würde sich wünschen, dass zumindest einzelne Abteile für später dazukommende Reisende noch freigehalten werden. Mit modernen Buchungssystemen müsste sich sowas doch einrichten lassen?
Positive Eindrücke überwiegen
Nach dem Einstieg werden wir zu unserem Abteil geführt, das jedoch leider erstmal verschlossen bleibt. Die Mitreisenden sind eben brav den Anweisungen gefolgt und haben alles verriegelt. Der Zugbegleiter kann Abhilfe schaffen. Bis Köln geht es dann im 6-Liegenabteil, die ursprünglich gewünschte 4er-Belegung war einige Wochen im Voraus schon ausverkauft.
Auffälligster Unterschied zu den CityNightLine-Zügen: Es gibt während der Fahrt kaum Innengeräusche. Dies entspricht dem Stand der Technik, den man von modernen IC oder ICE-Wagen kennt. Vielleicht werden einige Reisende der authentischen, bahntypischen Geräuschkulisse nachtrauern. Diese dürfte aber eher etwas für Puristen sein – ruhiger Schlaf geht im Allgemeinen doch vor. Weitere Details machen Laune: Freies Mineralwasser am Abend (noch schöner wäre dafür eine Mehrwegflasche), durchdachte Ausstattung der Kojen, Klappsitze und -tische im Gang.
Das Personal in unserem Wagen ist auffallend jung und ehrlich gesagt läuft noch nicht alles zu 100% rund: Bettzeug und Decken müssen für unsere reservierten Plätze zum Beispiel erst noch besorgt werden. Die Mitarbeiter sind aber aufmerksam, engagiert und lassen mit Wiener Charme über solche Kleinigkeiten hinwegsehen. Die Nacht verläuft ruhig, abgesehen von einigen Schnarchgeräuschen von der Nachbarliege. Dagegen ist wohl noch keine Dämmung gefunden. Das – zum Liegenwagenpreis enthaltene – Standardfrühstück ist vielleicht nicht besonders üppig aber immerhin frisch und mehr als eine freundliche Geste. Und im Schlafwagen ist es sogar à la carte.
Tariflogik für Fortgeschrittene
Um 8:15 Uhr erreichen wir pünktlich unsere Ausstiegsbahnhof Köln, von wo aus es weiter in Richtung Aachen gehen soll. Trotzdem fragt man sich unwillkürlich, was wäre passiert, wenn der Anschluss nicht geklappt hätte? Immerhin haben wir für die Reise drei unterschiedliche Fahrkarten kaufen müssen: Eine durchgehende Karte war erst gar nicht buchbar, weil man 1. nicht zweimal einen Bahnhof (Nürnberg) durchfahren darf und 2. für den Sparpreis offenbar die Ankunft am Folgetag schon zu spät wäre. So fahren wir also erst mit dem Bayernticket nach Augsburg, von dort mit einer österreichischen Sparschiene nach Köln und schließlich mit einem deutschen Sparpreis bis Aachen. Wenn nun ein Zug Verspätung einfährt, wird dann die folgende Fahrkarte jeweils wertlos? Der Tipp der DB lautet wahrscheinlich, den ICE zu nehmen, der Augsburg um 0:32 h verlässt und trotzdem schon um 6:33 h in Köln ist. Gewonnene Zeit kann eben auch verlorene Zeit sein.
Fazit
Die Nachtzüge der ÖBB bieten spürbar mehr Qualität als das zuletzt bewusst abgewirtschaftete Angebot der CityNightLine. Allein das deutlich jüngere Wagenmaterial sorgt für höheren Komfort. Außerdem spürt man echtes Interesse am Fahrgast und Kunden. Mit diesem Standard würde man sich noch viele weitere Verbindungen wünschen!
Für den Reisenden ist es im Grunde unerheblich, welcher Betreiber diese Angebote macht, solange Preis und Leistung stimmen. Jedoch besteht die Gefahr, dass eine Konkurrenz auf dem Rücken der Belegschaften ausgetragen wird. Und auch die Benutzbarkeit der Züge darf nicht unter dem leicht entstehendem Tarifwirrwarr leiden. Im Gesamtsystem Eisenbahn dürfen keine „Brüche“ auftreten – für eine Reise muss eine Fahrkarte gelten.
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