Keine guten Nachrichten aus dem Nachbarland – mit dem angekündigten Wegfall staatlicher Unterstützung stellt die SNCF zum 1. Juli (genau zur Sommerurlaubszeit!) den Großteil ihrer Nachtverbindungen ein. Die (kurzsichtige) Argumentation ist aus der Diskussion hierzulande bekannt – zu wenig Nutzer, zu hohes Defizit. Die betroffenen Linien werden nun anderen interessierten Bahnunternehmen zum Weiterbetrieb angeboten. Weitere Infos (auf französisch) z.B. auf den Seiten von Libération, Figaro, Le Monde.
Betroffen sind die Strecken:
- Paris – Luchon / Cerbère
- Paris – Toulouse
- Paris – Tarbes / Hendaye (Irun)
- Paris – Savoien
- Paris – Nizza
- Luxembourg – Nizza / Port Bou
- Straßburg – Nizza / Port Bou
Offenbar zeigt die russische Staatsbahn RZD Interesse, zumindest die Verbindung Paris – Nizza zu übernehmen. Das würde betrieblich durchaus Sinn ergeben, fahren die Russen doch bereits von Moskau nach Paris und an die Côte d’Azur.
Die Strecken Strassburg-Mittelmeer wurden von der DB Nachtzugsektion bezeichnenderweise „geheim“ gehalten. Mit besseren Anschluessen ueber den Rhein waere ein groesserer Markt in D zu erreichen gewesen. Die Sperrung der LGV/TGV-Strecken fuer den Nachtzug tat auch nicht gut.
Die beiden laut Plan letzten Strecken fuehren zu so kleinen, isoliert gelegenen Orten, dass dort schon gar keine gute Belegung der Zuege erreicht werden kann.
Von Paris nach Barcelona, Madrid, Mailand, Muenchen, Berlin: Das waeren Strecken mit Potential.
Der Haken bei den Nachtzügen der RZD ist allerdings, daß es sich bislang um reine, nicht gerade preiswerte Schlafwagenzüge wie bei Moskau-Paris Est handelt, also ohne Liege- und Sitzwagen. Es fragt sich daher, ob jeder Bahnfahrer dann bereit ist, so hohe Preise zu zahlen. Daher sollte die RZD das Konzept der bisherigen Nachtzüge übernehmen.
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Der miserable Komfort der SNCF-Schlafwägen aus den Siebzigern auf der Strecke Straßburg-Port Bou und der dafür zu hohe Preis waren schon immer nur was für echt eingefleischte Nachtzügler. Wir (oder besser unser Kinder…) haben es trotzdem jahrelang genossen). Das Argument „zu wenig Nutzer“ kann ich zumindest für die Hauptreisezeit nicht bestätigen. Die Züge waren regelmäßig ausgebucht.
Leider habe ich erst jetzt von den Protestmöglichkeiten gegen die Abschaffung der Nachtzüge erfahren.
Im Laufe von über fünfzig Jahren bin ich fast jedes Jahr über längere Strecken mit Nachtzügen gefahren. Alle genannten Argumente für die Nachtzüge kann ich mit meinen Erfahrungen nur Unterstützen. Die Nutzung eines Nachtzuges ist wie am Abend zu Bett gehen und am nächsten Morgen in weiter Ferne ausgeschlafen aufstehen.
Unter anderen bin ich die Strecken Berlin-Brüssel und Berlin-Paris gefahren, beide sowohl mit Nachtzügen als auch mit ICEs. Während man mit den Nachtzügen nur einmal ein- und auszusteigen brauchte, muss man auf diesen Strecken jetzt mindestens einmal umsteigen, also genügend Zeitreserve einplanen.
Die Bahnen schämen sich nicht einmal, folgendes anzubieten:
Berlin Ostbahnhof ab 16:19 ICE 377 -> Mannheim Hbf an 21:27,
Fußweg 10 Min. Mannheim Hbf (Busbahnhof) ab 21:40 BUS42013 IC Bus -> Paris Porte Maillot an 06:30.
Da ist der Ankunftstag futsch.
Wieso soll heute nicht mehr möglich sein, was früher bei einer viel geringeren mittleren Arbeitsproduktivität möglich war?
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Es ist eine Schande die Gründe für mich nicht nachzuverfolgen. Ich bin beruflich mit Schlafwagen von Deutschland bis zu 10 x im Jahr nach Spanien gefahren, habe dort dann eine Tour zu den verschiedenen Händlern gemacht bei der ich ausschließlich per Nachtzug durch Spanien gefahren bin, alle Züge waren fast immer ausgebucht oder übervoll. Besonders der Trenhotel von Paris nach Madrid bzw. Barcelona war ein herausragender Zug mit automatischer Umspurung an der Spanisch Französischen Grenze. Den Wert auf den Reisen andere Reisende mit unterschiedlichstem Hintergrund kennen gelernt zu haben, kann man gar nicht hoch genug einschätzen, ebenso den unglaublichen Zeitgewinn. Eine Flugreise mit den Zielen Ljubljiana, Budapest, Belgrad, Sofia, Athen und zurück in 5 Tagen mit jeweils ausreichender Arbeitszeit in diesen Städten ist ausgeschlossen. Mit den Nachtzügen aber kein Problem. Die Bahnpolitiker sind wie immer fern jeder Rationalität und in unvorstellbarer Unfähigkeit versunken wenn jetzt die Nachtzüge Europaweit eingestellt werden. Oder eben von der Autolobby bestochen worden. Anders ist das nicht zu erklären.