Die französische Regierung hat angekündigt, einen Großteil der Nachtzugverbindungen der SNCF ab 1. Oktober 2016 einzustellen. Als Grund werden die hohen Kosten und die seit 2011 um 20% gesunkene Nachfrage genannt.
Zuvor hatte man versucht, andere Anbieter dafür zu gewinnen, die Linien eigenwirtschaftlich weiter zu betreiben. Nach offiziellen Angaben hat jedoch niemand bis zum Stichtag am 24. Juni ein entsprechendes Interesse bekundet. Die Chefin der Gruppe Transdev beklagt dagegen in Les Echos, dass wichtige Informationen gar nicht zur Verfügung standen, um ein Angebot zu kalkulieren. Zudem sei der Staat nicht bereit gewesen, die verbleibenden (subventionierten) Linien in ein Gesamtpaket für den Nachtverkehr einzubeziehen.
Bestehen bleiben nur noch zwei nächtliche Verbindungen, bei denen es für die Regionen kein „ausreichendes Alternativangebot“ gibt:
- Paris – Briançon
- Paris – Toulouse – Rodez/Latour de Carol
Eine Galgenfrist bekommen:
- Paris – Tarbes – Hendaye/Irun (bis zur Eröffnung des Hochgeschwindigkeitsverkehrs im Juli 2017)
- Paris – Nizza (bis Ende der nächsten Sommersaison, Oktober 2017)
- Die Region Occitanie/Pyrénées-Méditerranée verhandelt noch über einen Weiterbetrieb des Astes Toulouse – Cerbère.
Der Fahrgastrückgang braucht indes niemanden zu verwundern: Klagen über veraltetes Material, reduzierten Service, Fahrplanänderungen und Ausfälle sowie schlechte Buchbarkeit der Züge bei der SNCF kommen einem seltsam bekannt vor. Die staatlichen Subventionen für den gesamten Fernverkehr abseits der TGV-Strecken (Nacht- und Tag-Intercités) beliefen sich in Frankreich auf 400 Mio €, davon 25 % für den Nachtverkehr. Dem rechnet das Portal Reporterre entgegen, dass der Staat auf die dreifache Summe an Einnahmen verzichtet, indem der inländische Flugverkehr keine CO2-Abgaben bezahlen muss und von einem niedrigeren Mehrwertsteuersatz profitiert.
Eine Fülle an weiteren Informationen bietet der Blog „Oui au train de nuit„.
Schade, schade! Und dabei wurde in diese Nachtzüge seit Jahren (wenn nicht gar Jahrzehnten) nichts mehr investiert. Ich fahre seit längerem jährlich 1x die Strecke Paris-Latour de Carol – fast schon eine Kult-Strecke hoch in die Pyrenäen (und nach Umsteigen weiter nach Barcelona), die wirklich Freude macht. Aber:
– Diese Wagons kenne ich schon aus den 70ern (als wir mit dem Nachtzug durch die DDR nach Berlin fuhren ;)): sie sind bei der SNCF zwar immer super-sauber gewesen, aber halt wirklich nicht mehr zeitgemäß.
– Statt Bistro gab’s früher zwei Automaten, einen für Kaffee und einen für Snacks: Sie reichten wunderbar aus (und der Kaffee war lecker), nur leider sind die beiden Automaten seit zwei Jahren mit Brettern vernagelt … und somit die letzte kleine Annehmlichkeit auch noch weg.
– Eine eindeutige Buchung am Münchner Ostbahnhof (und die kennen sich dort wirklich gut aus) war schier unmöglich, da niemand die seltsame/antiquierte Betten-Nummerierung verstand (ich hab‘ einfach beim ersten Mal das Teuerste genommen, um gewiss gut zu schlafen).
– Mittlerweile kann man die Nachtzüge auch online bei der SNCF buchen, aber vor Bekanntgabe der neuen Nachtzug-Saisonfahrpläne (und man weiß nie, wann die erscheinen) gibt es den Zug einfach überhaupt nicht im System. Später ist die Buchung dann tatsächlich nur was für SNCF-Online-Spezialisten …
– Dazu kommt, dass dieser Zug mehr als doppelt so lange als vergleichbare Schnellzüge brauchen. Kann einem eigentlich egal sein, aber man wundert sich schon, wenn der Zug Ewigkeiten irgendwo auf dem Abstellgleis steht (und in dieser Zeit auch keine Lüftung im Abteil läuft – öhh).
– Pünktlich kam der Zug dennoch seltenst in Latour de Carol an – aber wegen 20 Minuten regt man sich nicht auf, zumal mit diesem Zug – zumindest dort oben – eh keine Anschlüsse nach Perpignan oder Barcelona abgestimmt sind (was ja schon das allgemeine Desinteresse daran zeigt).
– Der Lokschaden am Fuße der Pyrenäen vor 2 Jahren hatte dann doch noch was wirklich Gutes: Nach eine Stunde standen tatsächlich schon die Ersatzbusse in dem winzigen Ort bereit und es ging in abenteuerlichster Fahrt über die Gipfel (das Autotunnel war gesperrt ;)) und über den Wolken nach Latour de Carol … toll!!!
Ich sehe das alles so: Grundsätzlich passt diese Nachtzug-Linie sehr wohl! Sie hat beispielsweise auch einen Buszubringer nach Andorra, der zeitweise – laut Auskunft von Mitreisenden – gut ausgelastet oder gar überlastet ist (aber nach 2 Stunden Zug-Verspätung freilich auch weg ist). Man merkt aber leider sofort, dass von höheren Stellen (das Bordpersonal war immer sehr engagiert!) überhaupt kein Interesse an dieser Linie besteht, so dass das Angebot von Jahr zu Jahr uncooler wird (vielleicht wird dieses Jahr das Wasser in den Waschkabinen eingespart???). Dieses Angebot ist wirklich nur noch was für „Fans“ und „Alte“, die „sowas“ noch von ganz früher her kennen. Wenn die SNCF seit Jahren rein garnichts investiert, dann braucht sich auch niemand wundern, dass man einen Fahrgastrückgang hat und die SNCF selbst(!!!) somit das komplette Angebot zum Kippen bringt.