Die Österreichischen Bundesbahnen haben ihr künftiges Nachtzugnetz vorgestellt (hier die Pressemitteilung). Bei dem erweiterten Nightjet-Angebot werden Synergien mit den bestehenden ÖBB Nachtzügen genutzt. Die Züge von Düsseldorf bzw. Hamburg nach Innsbruck werden bis Nürnberg gemeinsam mit den bestehenden Nachtreisezügen nach Wien geführt werden. Die Nightjet-Verbindungen von München nach Venedig, Rom und Mailand werden in Salzburg bzw. Villach mit den ÖBB Nachtzügen ab Wien vereinigt. Sämtliche Fahrpläne können in dieser Broschüre der ÖBB (PDF) nachgelesen werden.
Ab 11. Dezember gibt es sechs neue Nightjet-Verbindungen aus/nach/in Deutschland, die die CityNightLine-Züge der Deutschen Bahn ablösen:
- Hamburg – Berlin – Freiburg – Basel – Zürich
- Hamburg – München – Innsbruck
- Düsseldorf – München – Innsbruck
- München – Salzburg – Villach – Venedig
- München – Salzburg – Villach – Florenz – Rom
- München – Salzburg – Villach – Verona – Mailand
Dazu kommen die bestehenden ÖBB-Verbindungen und Nachtzüge weiterer Bahngesellschaften:
- Hamburg – Wien
- Düsseldorf – Wien
- Berlin – Prag – Wien (betrieben von der ungarischen MÁV)
- München – Wien – Budapest (betrieben von der ungarischen MÁV)
- München – Ljubljana – Zagreb (betrieben von der kroatischen HŽ)
- München – Rijeka (wieder aufgenommene saisonale Verbindung, betrieben von der kroatischen HŽ)
- Moskau – Berlin – Paris (betrieben von der russischen RZD)
Nicht von der ÖBB oder anderen übernommen – und damit zum Fahrplanwechsel eingestellt – werden die Strecken:
- Köln – Berlin – Prag
- Köln – Berlin – Warschau
- Zürich – Frankfurt (M) – Dresden – Prag
- München – Köln – Amsterdam
- Zürich – Köln – Amsterdam
Natürlich ist es erstmal sehr zu begrüßen, wenn die ÖBB in die Bresche springen und zumindest Teile des deutschen Nachtzugnetzes weiterführen. Die geplante Ausweitung und Modernisierung des Fahrzeugparks sind ebenfalls sehr positiv, drücken sie doch ein klares Bekenntnis zum Nachtreiseverkehr aus. Unter den gegebenen Rahmenbedingungen stellen den ÖBB sicher ein gutes Angebot auf die Beine, voraussichtlich auch mit höherem Reisekomfort als bisher.
Dennoch offenbart ein Blick auf die Karte künftig deutliche Lücken: Das Ruhrgebiet und die Region Stuttgart werden komplett abgehängt, ebenso entfallen die Ost-West-Verbindungen. Hier wäre durch eine Kooperation der Bahnen sicher mehr möglich gewesen – ein entsprechender Wille bei der DB vorausgesetzt. Einige Züge werden durch die Umwege verlangsamt: Schweiz – Hamburg künftig über Berlin, München – Rom statt „direkt“ über den Brenner nun über die Tauernstrecke. Im Nachtverkehr mag Geschwindigkeit eine geringere Rolle spielen, ein Gewinn an Attraktivität ist es dennoch nicht.
Das entscheidende Manko ist aber die vorgesehene Tarifgestaltung: Auch wenn die ÖBB durchaus interessante eigene Angebote („Sparschiene“) besitzt – steigen für deutsche Reisende die Zugangshürden. Offenbar kann man nur für eine Übergangszeit noch Fahrkarten für die Züge auch über das DB Vertriebsnetz (einschließlich Sparpreise und Bahncard-Rabatte) buchen. Hier muss dringend noch eine Nachbesserung und Harmonisierung erfolgen, um durchgängige Tarife mit weiteren Fern- und Nahverkehrszügen sicherzustellen. Im Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern wäre es ein Unding, sich künftig die Fahrkarten nach Teilstrecken zusammenstückeln zu müssen. Nur mit durchgehenden Buchungen sind auch zusätzliche Probleme bei verpassten Anschlüssen zu vermeiden.
Es ist eine Frechheit von der DB, dass eine Vielzahl von Nachtzugverbindungen eingestellt werden, ohne dass dafür Ersatz angeboten wird. Die ÖBB haben sich offensichtlich nur die Rosinen herausgepickt. Augenscheinlich ist die DB nicht gewillt, einen umweltfreundlichen Verkehr auf die Schiene zu bringen. Klimaschutz interessiert die Bahnobersten offensichtlich nicht. Fragt sich, wofür Herr Grube & Co. ihr Geld bekommen. Mehdorn’s Zeiten sind offenbar noch nicht vorbei, nur die Namen haben sich geändert. Und der Aufsichtsrat nickt die Nachtzugstreichliste ab. Aber Hauptsache für S21 werden Milliarden von € bereitgestellt. Wieviel moderne Nachtzüge könnten dafür fahren?
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